_______________________________________________________________________________________

Wer das Plakat gesehen hat - es stammt von Jost Schrader unserem neuen Finanzminister und er hatte schon das Bunsen-Plakat gestaltet - wer also das Plakat gesehen hat, der oder dem wird aufgefallen sein, dass für diese heutige Werkschau kein Thema Pate stand. „Sommer“ wäre zum Beispiel möglich gewesen, oder auch „Ukraine“. Darauf wurde verzichtet, denn die nun beteiligten Künstlerinnen wissen schon recht lange, was sie wollen und zeigen uns das, was sie ausgesucht haben.

Ein kleiner Nebeneffekt. In Zeiten, in denen die weibliche Präsenz durch * und - Innen durchgesetzt werden soll, bedeutet eine Werkschau, die nur vom wesentlich besseren Geschlecht bestückt wird, auch ein Stückchen Erholung: „Künstlerinnen“ also und gut ists!

Zufällig übrigens passt - meine ich - diese Ausstellung recht gut in die Jahreszeit. Über viele der Arbeiten scheint sich Frühsommerlicht ausgebreitet zu haben und - um im Bild zu bleiben - im Dunkel und in der Schwere anderer Werke mag man Gewitteriges hinein lesen.

Damit meine ich natürlich nur eine Stimmung, die zur Jahreszeit passt. Die Künstlerinnen hatten sicherlich andere bildführende Ideen. Andere Ideen? Welche denn dann?

Christa Düwell zum Beispiel hat einige kleinere Formate in 50 x 50 mitgebracht, die von einer wunderbaren Leichtigkeit sind und einen Erzählstil haben, wie ich ihn von Arshile Gorky erinnere und eine Selbstverständlichkeit, die schon den jungen Cy Twombly auszeichnete. Mit ihm teilt Düwell den Anspruch, dass sich Betrachter*Innen einen offenen, spielerischen Zugang verschaffen mögen. In „Les’epingles“ - „Stifte“ werden Köpfe und Körperteile über eine Fläche verteilt, als versuchte diese Fläche eine Einheit einzufangen, was aber angesichts des im Aufruhr befindlichen von ihr zitierten Personals grandios scheitern muss. Auch kompositorisch eine ganz zauberhafte Arbeit. MIt Acryl, Kugelschreiber, Farbstift und Faserschreiber stellt Düwell eine muntere Lebendigkeit her, die gefangen nimmt.

Helga Hägele schenkt uns ein Triptychon zum Thema „Zuversicht“. Können wir brauchen!

Nun auch hier eine Konglomatisierung des Bildpersonals, ein sammelndes Nebeneinander, ein Anmutung von Collage mit der offenkundigen Absicht einem symbolträchtigen dunklen Filigran lebendige Farben entgegen zu setzen und Hägele lädt das noch mit symbolträchtigem Bildpersonal auf, so dass bei allem aufgescheuchtem Durch- und Nebeneinander doch eine Gesamtstimmung intendiert und verwirklicht ist, die eben Zuversicht meint.

Ganz anders ein Großformat mit dem Titel „Feenkreise“, das wir als einen Reisebericht in Kunstform nehmen können, denn - wie ein beigefügter Text aufklärt - im trockenen Grasland Australiens formieren sich  über Kilometer hinweg Kreisstrukturen, die Forscher durch Satellitenfotos entdeckten. Dieses Land der Stille und Mystik hat Hägele mit malerischen Mitteln auf einem rotüberhitzten Untergrund festgehalten. Eine spannende Arbeit.

Ingeborg Mache ist Viele. Ein wenig kenne ich den Kosmos von Themen, die sie in vielen fleißigen Arbeitsjahren bearbeitet hat. Ich meine, dass eines ihrer gestalterischen Arkana ihre Musikalität ist. Lange war sie als Orchestermusikerin tätig und wem hier Harmonien und Dissonanzen begegnet sind und anschwellende oder absteigende Tonfolgen, der bzw. die wird nicht lange über Komposition - gewiss ein Begriff der in Musik und Kunst gültig ist - wer das also beherrscht, kann es jeweils übertragen. Bei einer Arbeit wie ihrem „Seerosenteich“ schafft sie über eine nach oben hin inszenierte Verkleinerung der Seerosen und Seerosenblätter einen schönen Tiefenraum, den wir dann als Teich erleben können, setzt aber die dunklen Wasser in Wellenbewegungen, so dass eine Lebendigkeit  entsteht.

Um die 250mal hat Claude Monet dieses Thema bearbeitet und es ist natürlich unendlich schwer, sich daneben zu behaupten. Eigentlich ist für eine solche Behauptung nur ein Weg möglich: kennen aber ignorieren. Das hat - glaube ich - Ingeborg Mache ganz gut geschafft. Dass sie eine gute Zeichnerin ist und auch - zum Beispiel romantische - Stimmungen schaffen kann: ist in ihren anderen Arbeiten gut zu sehen.

Mila Murasova macht mich wahnsinnig, denn ich stelle mir bei Betrachtung ihrer Arbeiten einen so akribischen Arbeitsprozess vor., dass der erst ma durchgehalten werden muss Wenn jemand Präzision kann - dann Sie. Aber es ist eben nicht nur die Sorgfalt, die sie jeder einzelnen Blüte angedeihen lässt, es ist viel mehr noch die Bändigung des Bunten zum Farbigen. Nehmen wir Anleihe bei der

 Sentenz: „Jetzt wird mir das aber zu bunt“, was ein Zuviel meint und in diesem Zuviel ein Belästigendes. Nie ist das bei Murasova der Fall, dass uns etwas zu bunt werden könnte. Ihre Arbeiten sind farbharmonisch aufgebaut und einem möglichen Überbordenden setzt sie genügend freie Fläche entgegen, die das Auge beruhigt und es für die übrige Pracht offenbleiben lässt. Die Alice im Wunderland-Anmutung in ihren Arbeiten erreicht die Künstlerin mit einem einfachen Trick: Ihre Blüten schweben!

Doris Volz ist eine Malerin. Gewiss ist sie das. Thematisch bleibt sie oft in einem Aktuellen oder Heutigen, aber die Art ihrer Umsetzung ist der Sache an sich verpflichtet, zeigt uns Impressionen als ein Reaktiv auf ein Wirkliches. Schönes Beispiel hier die so wunderbar eruptive Arbeit „Ätna“. Natürlich erinnern wir uns an den Ausbruch und es sind eben nicht nur die Lavaflüsse hinunter zum Meer, sondern es sind die alles verdunkelnden schwarzen Wolken, die sich über alles legen, die Farben auslöschen, das Feuer überbieten und zum Fanal einer Vernichtung beitragen. Dieses Geschehen seinem Ablauf nach fest zu halten und so eine Wirkung zu erzielen, dabei eine bloße Dokumentation weit überbietend, das ist es, was Volz mit ihrer Kunst will und was sie mit ihrer Kunst erreicht. Sie pflegt ihre eigene Themenwelt, was auch zwei andere Arbeiten bestätigen, betitelt mit „Titanik“ und mit „Das große Tor“. Was für eine überzeugende gestalterische Idee, Sachverhalte auf ihre Substanz hin zu untersuchen und diese Substanz Bild werden zu lassen. Im Reflektierten ihrer Kunst erinnert sie mich an das Werk Professor Hans K. Schlegels.

Unsere Revue durch eine reiche Ausstellung geht damit zu Ende. Die Arbeiten sind nun für sie alle frei gegeben. Nicht nur, damit nun eine Erholungspause entstünde, sondern aus Freude über die Fortsetzung durch unsere Musici mit Sätzen von Stamitz und dann Richter…